In Deutschland muss jeder Bürger eine Krankenversicherung haben. Das Besondere: Seit mehr als hundert Jahren stehen sich zwei Systeme – das gesetzliche und das private, GKV und PKV – gegenüber und im Wettbewerb um Beiträge und Leistungen.
Nicht jeder hat die Wahl: Viele Angestellte sind verpflichtend in der GKV versichert, für Beamte ist die PKV wirtschaftlich viel sinnvoller. Doch eine ganze Reihe von Erwerbstätigen muss sich tatsächlich aktiv für eines der Systeme entscheiden.
Die Wahl der Krankenversicherung ist nicht selten ein Bund fürs Leben: Hast Du Dich einmal entschieden, ist es schwierig und mit hohen Verlusten verbunden, diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen. Umso wichtiger, dass Du weißt, worauf es ankommt.
Private Krankenversicherung und gesetzliche Krankenversicherung: Zwei Welten
Hinter gesetzlicher und privater Krankenversicherung (GKV und PKV) stehen ganz unterschiedliche Grundideen.
In der gesetzlichen Krankenversicherung geht es darum, die breite Bevölkerung mit einem guten Set an Standardleistungen zu versorgen. Bei den Beiträgen gilt das Solidarprinzip: Wer mehr verdient, zahlt mehr ein. Wer seltener zum Arzt muss, kommt für die auf, die regelmäßige Behandlungen brauchen. Im Jahr 2021 gibt es 103 gesetzliche Kassen.
In der privaten Krankenversicherung steht der einzelne Versicherte im Mittelpunkt. Jeder kann sich sein Leistungspaket selbst schnüren – und Dinge einschließen, die der Standardkatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nicht abdeckt. Wie hoch der Beitrag ist, hängt von den gewünschten Leistungen, dem Alter und von Vorerkrankungen ab. Im Jahr 2020 zählte der Versichererverband GDV 46 private Krankenversicherungsunternehmen.
Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick
Wer kann zwischen den Systemen wählen?
Das kommt aufs Beschäftigungsverhältnis an – also, ob Du angestellt oder selbstständig arbeitest. Und darauf, wie viel Du verdienst. Schauen wir genauer rein:
- Angestellte, die 2021 und auch 2022 weniger als 64.350 Euro brutto im Jahr verdienen, sind Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Krankenkasse. Mit 34 Millionen Menschen ist das unter den Erwerbstätigen die große Mehrheit.
- Angestellte, die 2021 und 2022 mehr als 64.350 Euro brutto im Jahr verdienen, sind freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Allerdings können sie auf eigenen Wunsch die GKV verlassen und zu einem privaten Versicherer wechseln. Etwa 3 Millionen Menschen haben sich 2021 für die freiwillige GKV-Mitgliedschaft entschieden.
- Selbstständige Unternehmer oder Vertreter der freien Berufe – also etwa Ärzte, Apotheker, Anwälte oder Steuerberater – müssen selbst wählen: Sie können sich entweder freiwillig in der GKV versichern oder sich bei einer PKV bewerben. Das geht dann unabhängig vom Einkommen. Gut 1,4 Millionen der rund 4 Millionen Selbstständigen und Freiberufler sind 2021 freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert.
- Die rund 1,8 Millionen Beamte können zwar theoretisch ebenfalls wählen, welchem Versicherungssystem sie angehören wollen. Allerdings ist wirtschaftlich nur die PKV sinnvoll, weil der Staat hier mindestens 50% des Beitrags übernimmt (sogenannte Beihilfe). Mehr dazu gibt es in unserem Ratgeber zur PKV für Beamte.
Zusammen mit Rentnern und mitversicherten Partnern und Kindern zählte die GKV im Jahr 2020 insgesamt 73 Millionen Versicherte. Die private Krankenversicherung kommt auf rund 10 Millionen Mitglieder.
Die Zahlen zur gesetzlichen Krankenkasse stammen von der Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums; die Zahlen der privaten Krankenkasse vom Verband der Privaten Krankenkassen.
Worauf kommt es bei der Wahl an?
Bei der Wahl zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung solltest Du auf mehrere Kriterien achten. Die beste Entscheidung triffst Du, wenn Du ein klares Bild davon hast,
- welche Leistungen Du versichert haben möchtest und was Dich das kostet,
- wie Du Deine Familie, insbesondere Kinder, mitversichern kannst,
- unter welchen Voraussetzungen Du zwischen und innerhalb der Systeme wechseln kannst und
- welche Abgaben im Alter auf Dich zukommen.
Schauen wir uns die Unterschiede für GKV und PKV genauer an.
Wie funktioniert die gesetzliche Krankenversicherung?
1. Beiträge
Dein Beitrag an die GKV ist umso höher, je mehr Du verdienst. Dabei liegt der Beitragssatz bei 14,6%, so hat es der Gesetzgeber bestimmt. Verdienst Du im Jahr 2022 58.050 Euro brutto oder mehr, zahlst Du den Höchstbetrag, etwa 700 Euro im Monat.
Dabei steigt die Einkommensgrenze und damit auch der Höchstbeitrag jedes Jahr mit der Lohnentwicklung etwas an, zuletzt um 3,2% (von 56.250 Euro für 2020 auf 58.050 Euro in 2021, beziehungsweise von 684 auf 706 Euro). Von 2021 auf 2022 blieb die Einkommensgrenze konstant.
Darüber hinaus kann jede der 103 Kassen gesetzlichen Krankenkassen einen Zusatzbeitrag verlangen, um unter anderem höhere Kosten für medizinische Behandlungen und Verwaltung auszugleichen. Dieser Zusatzbeitrag soll 2022 im Durchschnitt über alle Kassen bei 1,3% stabil bleiben. Er macht den Krankenkassenbeitrag im Schnitt maximal etwa 60 Euro pro Monat teurer. Den Zusatzbeitrag legen Krankenkassen individuell einmal im Jahr neu fest.
Bei Angestellten zahlt der Arbeitgeber die Hälfte des Krankenkassenbeitrags. Selbstständige müssen dagegen in aller Regel allein für die Beiträge aufkommen. GKV-Versicherte können den Ehepartner und Kinder unter bestimmten Voraussetzungen kostenlos mitversichern.
2. Leistungen
95% der Leistungen sind vom Gesetzgeber vorgegeben und werden regelmäßig angepasst. So ist ein guter Behandlungsstandard für alle gegeben. Die Kassen unterscheiden sich nur bei wenigen Zusatzleistungen. Manche übernehmen Kosten für den Heilpraktiker, Sportkurse, spezielle Impfungen oder eine Haushaltshilfe.
3. Flexibilität
Du kannst Dich einer der 34 bundesweiten Kassen oder einer der 42 Kassen anschließen, die nur in einem oder mehreren Bundesländern aktiv sind. Bei Beitragserhöhungen, Arbeitsplatzwechsel oder regulär nach 18 Monaten kannst Du die Kasse wechseln.
4. Abgaben im Alter
Der Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung wird von der Bundesregierung vorgegeben. Er soll die Gesamtkosten des Gesundheitssystems decken, dazu gibt es Zuschüsse aus Steuermitteln vom Bund. Es kann sein, dass der Beitragssatz in Zukunft steigt. Ansonsten bemisst sich der Beitrag wie bisher an Deinem Einkommen.
Warst Du die zweite Hälfte Deines Erwerbslebens zu 90% gesetzlich krankenversichert und hast Ansprüche auf gesetzliche Rente, rückst Du zudem automatisch in die sogenannte Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Das ist von Vorteil, denn Krankenkassenbeiträge fallen dann nur auf Deine gesetzliche Rente, Betriebsrente und einen möglichen Zuverdienst an, nicht aber auf Mieteinnahmen, Gewinne am Kapitalmarkt oder private Renten, zum Beispiel aus der Lebensversicherung.
Fazit
Eine wirklich falsche Wahl bei der gesetzliche Krankenversicherung gibt es nicht: Wenn Dir spezielle Zusatzleistungen wichtig sind, wähle eine günstige Kasse, die diese Leistungen abdeckt. Ansonsten tut es auch die günstigste Kasse. Wenn Du unzufrieden bist oder sich bei den Zusatzleistungen etwas ändern, kannst Du die Kasse recht einfach wechseln. Im Alter solltest Du möglichst Mitglied der Krankenversicherung der Rentner sein.
Wie funktioniert die private Krankenversicherung?
1. Beiträge
Bei der PKV ist der Beitrag kein Prozentsatz vom Einkommen, sondern richtet sich nach dem vereinbarten Leistungspaket. Je mehr abgesichert ist, umso teurer die Monatsrate. Wer zum Zeitpunkt des Antrags schon etwas älter ist, Vorerkrankungen mitbringt oder die Selbstbeteiligung abwählt, zahlt ebenfalls mehr.
Eine Studie zeigt, dass ein 35-Jähriger mit einem guten Versicherungspaket zwischen 320 und 590 Euro im Monat an Beitrag erwarten kann. Allerdings ist der Beitrag zu Vertragsbeginn nicht etwa festgeschrieben, sondern kann sich über die Jahre erhöhen.
Die Beitragshöhe ist nach oben nicht gedeckelt. Insbesondere können Beiträge stärker ansteigen als die Einkommen. Versicherte sollten vor Vertragsschluss abschätzen, ob ihre Einnahmen im Alter steigende Beiträge auffangen könnten. Als Familie in der privaten Krankenkasse zahlt jeder einzeln, auch Kinder.
Bei Angestellte, die sich für die PKV entschieden haben, übernimmt der Arbeitgeber wie auch bei der gesetzlichen Versicherung den halben Beitrag.
2. Leistungen
Die privat Krankenversicherung führt in ihrem Leistungskatalog Behandlungen und Hilfsmittel auf, die bei der gesetzlichen Krankenversicherung fehlen – gesetzlich Versicherte also selbst zahlen müssten. Dazu zählen zum Beispiel Behandlungen beim Spezialisten, der Besuch einer privaten Klinik, Arztbesuche im Ausland, Zahnersatz oder Leistungen vom Optiker.
Jeder Versicherte kann sich seine Wunschleistungen selbst zusammenstellen. Versicherer bieten die unterschiedlichsten Tarife an. Neben Tarifen, die sehr viele Leistungen bündeln, gibt es immer auch einen Basistarif. Der ist am günstigsten, umfasst aber oft weniger als der Standardkatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.
3. Flexibilität
Wer sich einmal für einen private Krankenversicherung entschieden hat, ist mehr oder weniger gezwungen, dortzubleiben: Denn Teile des Beitrags wurden für höhere Krankheitskosten im Alter zurückgestellt. Diese Rückstellungen lassen sich aber meist nicht oder nur teilweise zum neuen Anbieter mitnehmen. Das lohnt wirtschaftlich fast nie.
Die PKV ist noch in zweiter Hinsicht eine Lebensentscheidung. Denn wer älter als 55 ist, darf qua Gesetz nicht mehr in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln. Sollte es Probleme geben, Beiträge im Alter zu stemmen, bleibt in den allermeisten Fällen nur der Wechsel innerhalb der privaten Krankenversicherung zum Basistarif (siehe Punkt 2).
4. Abgaben im Alter
Den Beitrag für ihr Leistungspaket können die privaten Krankenversicherer selbst festlegen. Sie orientieren sich dabei unter anderem an Behandlungskosten und an der Lebenserwartung ihrer Versicherten. Steigen die Kosten nachweislich um mehr als 10% an oder erhöht sich die Lebenserwartung um 5%, können die Versicherer Beiträge nach oben anpassen. In den letzten Jahren waren das im Schnitt 3% pro Jahr.
Versicherte müssen von Anfang an gut kalkulieren. Denn als Rentner steht oft weniger Einkommen zur Verfügung, die Beiträge können aber weiter steigen. Die über die Jahre gebildeten Alterungsrückstellung können die Beitragssteigerung oft nur zum Teil ausgleichen. Wer sehr hohe Einkünfte im Alter hat, etwa aus Aktiengewinnen, Zinserträgen oder Mieteinnahmen, profitiert. Sie bleiben in der privaten Krankenversicherung abgabenfrei.
Fazit
Bei der Wahl der PKV musst Du schauen, wie viel Dein individuelles Leistungspaket kostet. Rechne mit ein, dass Beiträge stärker steigen können als Dein Gehalt und dass die Abgaben auch im Alter nicht nach oben gedeckelt sind. Die Wahl des Versicherers ist oft eine fürs Leben. Wer älter als 55 Jahre ist, kann in aller Regel nicht mehr in die gesetzliche Versicherung zurück.
Private vs gesetzliche Krankenversicherung: Richtig vergleichen
Nun, da wir die wichtigen Details kennen, wollen wir die beiden Systeme gegenüberstellen. Trifft eine der folgenden Situationen auf Dich zu, kannst Du wählen, ob Du Dich freiwillig gesetzlich krankenversichern oder in die privaten Krankenversicherung gehen möchtest.
- Angestellte, die dauerhaft mehr als 64.350 Euro pro Jahr verdienen und freiwillig über gesetzlichen Rentenversicherung fürs Alters vorsorgen.
- Freiberufler, zum Beispiel Ärzte oder Anwälte, die mehr als 64.350 Euro im Jahr verdienen und deren Gehalt noch Potenzial nach oben hat. Bevor sie Facharzt oder Fachanwalt werden, arbeiten sie häufig noch angestellt. Die Vorsorge läuft in der Regel über ein berufsständisches Versorgungswerk.
- Selbstständige, die stabil hohe Erträge mit ihrem Geschäft generieren und in der Regel über eine private Lebensversicherung, eine Rürup-Rente oder am Kapitalmarkt fürs Alter vorsorgen.
Tipp: Neben einem verlässlich hohen Verdienst ist für die Wahl entscheidend, wie Du fürs Alter vorsorgst. Votierst Du für die freiwillige GKV-Mitgliedschaft, solltest Du einen Anspruch auf gesetzliche Rente erwerben. Dann vermeidest Du Abgaben im Alter.
Unsere Tabelle fasst zusammen, worauf Du beim Vergleich achten solltest.
Freiwillig GKV oder privat versichert: Ein Vergleich
Takeaways
In Deutschland kann eine Gruppe von Erwerbstätigen (Angestellte, Freiberufler und Selbstständige zwischen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung wählen. Erstere bietet einen Standardkatalog an Leistungen, zweitere übernimmt auch die Kosten für Spezialleistungen wie einen Besuch beim Spezialisten. Bei der GKV ist der Beitrag einkommensabhängig und nach oben begrenzt, bei der privaten Krankenversicherung hängt er allein von den vereinbarten Leistungen ab und kann unbegrenzt ansteigen.
Für eine gute Entscheidung solltest Du Kriterien wie Beitragsentwicklung und Leistungsumfang genau anschauen und auch an Familienplanung, Deine voraussichtliche Einkommensentwicklung und Deinen Verdienst im Alter denken.
ottonova – Deine digitale Private Krankenversicherung
Finde den passenden PKV Tarif mit dem ottonova Tarifrechner
Anzeige