Was ist die Markteffizienzhypothese (Efficient-market hypothesis)?

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Veröffentlicht: 28. November 2022, 10:45 Uhr

Sara Zinnecker
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Fakten gecheckt von

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Die Markteffizienzhypothese besagt, dass die aktuellen Aktienkurse alle verfügbaren Informationen widerspiegeln, so dass sie in ihrer jetzigen Form fair bewertet sind. Unter dieser Annahme ist es höchst unwahrscheinlich, dass man den Markt durch eine gezielte Auswahl von Aktien (Stockpicking) oder das richtige Market-Timing übertrifft. Es sei denn, man hat einfach viel Glück.

Die Markteffizienzhypothese verstehen

Die wichtigste Annahme, die der Markteffizienzhypothese zugrunde liegt, ist, dass alle für die Aktienkurse relevanten Informationen frei verfügbar sind und von allen Marktteilnehmern genutzt werden.

Angesichts der großen Anzahl von Käufern und Verkäufern auf dem Markt werden Informationen und Daten schnell aufgenommen, was sich in den Kursbewegungen widerspiegelt. Daher besagt die Theorie, dass Aktien immer zu ihrem fairen Marktwert gehandelt werden.

Die Anhänger der Markteffizienzhypothese sind der Meinung, dass, wenn Aktien immer zu ihrem fairen Marktwert gehandelt werden, keine Analyse und keine Market-Timing-Strategie es schafft, am Ende besser abzuschneiden als der Markt.

Mit anderen Worten: Ein Anleger, der der Markteffizienzhypothese folgt, sollte weder unterbewertete Aktien zu Schnäppchenpreisen kaufen, in der Erwartung, dass er in der Zukunft große Gewinne erzielt. Noch sollte er vom Verkauf überbewerteter Aktien profitieren.

Die Markteffizienzhypothese geht auf Eugene Fama zurück, einen Professor der University of Chicago und Nobelpreisträger, der als Vater der modernen Finanzwirtschaft gilt. Im Jahr 1970 veröffentlichte Fama „Efficient Capital Markets: A Review of Theory and Empirical Work“, in dem er seine Vision der Theorie darlegte.

Drei Variationen der Markteffizienzhypothese

Anleger, die fest an die Markteffizienzhypothese glauben, wählen passive Anlagestrategien, die die Wertentwicklung der Referenzmärkte (Benchmarks) widerspiegeln. Allerdings in unterschiedlichem Maße. Es gibt drei Hauptvarianten der Theorie:

1. Die schwache Form der Markteffizienzhypothese

Anhänger der schwachen Form der Hypothese davon aus, dass die Kurse zwar historische Fakten eingepreist haben, aber keine neue, zukünftige Informationen einpreisen können.

Das heißt: Die Preise der Vergangenheit haben keinen Einfluss auf die zukünftigen Preise. Denn diese zukünftigen Preise werden durch neue Informationen beeinflusst. Wenn das der Fall ist, ist die technische Analyse ein fruchtloses Unterfangen.

Die schwache Form der Markteffizienzhypothese lässt jedoch Raum für einen talentierten Fundamentalanalysten, der Aktien auswählt, die kurzfristig besser abschneiden, weil er „vorhersagen“ kann, welche neuen Informationen die Preise beeinflussen könnten.

2. Die halbstarke Form der Markteffizienzhypothese

Diese Form basiert auf denselben Behauptungen wie die schwache Form und schließt die Annahme ein, dass alle neuen öffentlichen Informationen sofort in den Markt eingepreist werden. Auf diese Weise kann man weder die fundamentale noch die technische Analyse nutzen, um ggf. Überrenditen zu erzielen.

3. Die starke Form der Markteffizienzhypothese

Die Anhänger der starken Form der Markteffizienzhypothese gehen davon aus, dass alle Informationen, sowohl öffentliche als auch private, in den aktuellen Kurs eines Wertpapiers einfließen. Auf diese Weise können nicht einmal Insiderinformationen den Anlegern eine Chance auf Überrenditen geben.

Argumente für und gegen die Markteffizienzhypothese

Anleger, die der Markteffizienzhypothese folgen, halten sich aus den oben genannten Gründen eher an passive Anlagemöglichkeiten wie Indexfonds und börsengehandelte Fonds(ETFs), die Referenzindizes (den Dax, den MSCI World) nachbilden.

Angesichts der Vielfalt der Anlagestrategien, die die Menschen anwenden, ist es klar, dass nicht jeder glaubt, dass die Markteffizienzhypothese eine solide Grundlage für intelligentes Investieren ist. Tatsächlich wimmelt es auf dem Anlagemarkt von Investmentfonds und anderen Fonds, die mit aktivem Management versuchen, einen Vergleichsindex zu übertreffen.

Die Argumente für aktives Investieren

Aktive Portfoliomanager glauben, dass sie ihre individuellen Fähigkeiten und ihre Erfahrung – oft ergänzt durch ein Team von qualifizierten Aktienanalysten – nutzen können, um Marktineffizienzen auszunutzen und eine Rendite zu erzielen, die über der des Vergleichsindex liegt.

Es gibt Beweise, die beide Seiten des Arguments unterstützen. Das Morningstar Active vs. Passive Barometer ist ein halbjährlich erscheinender Bericht, der die Leistung aktiver Manager im Vergleich zu ihren passiven Konkurrenten misst. Fast 3.500 Fonds wurden in die Analyse für das Jahr 2020 einbezogen. Dabei stellte sich heraus, dass nur 49 Prozent der aktiv verwalteten Fonds ihre passiven Pendants in diesem Jahr übertroffen haben.

Betrachtet man hingegen den 10-Jahres-Zeitraum bis zum 31. Dezember 2020, ergibt sich ein anderes Bild: Der Anteil der aktiven Manager, die besser abschnitten als vergleichbare passive Strategien, sank auf 23 Prozent.

Sind einige Märkte weniger effizient als andere?

Ein genauerer Blick in den Morningstar-Bericht zeigt, dass der Erfolg von aktivem oder passivem Management je nach Fondstyp sehr unterschiedlich ausfällt.

Aktive Manager von US-Immobilienfonds schnitten zum Beispiel in 62,5 Prozent der Fälle besser ab als passiv verwaltete Fonds, aber dieser Wert sinkt auf 25 Prozent, wenn die Gebühren für das Management berücksichtigt werden.

Andere Bereiche, in denen aktives Management tendenziell besser abschneidet als passives – vor Gebühren – sind Hochzinsanleihe-Fonds mit 59,5 Prozent und diversifizierte Schwellenländerfonds mit 58,3 Prozent. Berücksichtigt man jedoch auch Gebühren für aktiv verwaltete Portfolios wirkt sich in den meisten Fällen negativ auf die Gesamtperformance aus.

In anderen Anlageklassen schnitten passive Manager deutlich besser ab als aktive Manager. Bei der US-Großkapitalanlage übertrafen aktive Manager nur in 17,2 Prozent der Fälle passive Manager, wobei der Prozentsatz nach Gebühren auf 4,1 Prozent fiel.

Diese Ergebnisse scheinen darauf hinzudeuten, dass einige Märkte weniger effizient sind als andere. Die Liquidität in den Schwellenländern kann zum Beispiel begrenzt sein, ebenso wie die Transparenz. Politische und wirtschaftliche Unsicherheiten sind weit verbreitet, und auch rechtliche Komplexität und mangelnder Anlegerschutz können Probleme verursachen.

Diese Faktoren führen zusammen zu erheblichen Ineffizienzen, die ein erfahrener Portfoliomanager ausnutzen kann.

Auf der anderen Seite werden die US-Märkte für Large-Cap- oder Mid-Cap-Aktien stark gehandelt, und Informationen fließen schnell in die Aktienkurse ein. Die Effizienz ist hoch, und wie die Morningstar-Ergebnisse zeigen, haben aktive Manager einen viel geringeren Vorsprung.

Wie Star-Manager ihre Portfolios verwalten

Der bekannte Investmentmanager Warren Buffet ist ein erfolgreiches Beispiel für einen aktiven Investor. Buffet ist ein Schüler von Benjamin Graham, dem Vater der Fundamentalanalyse, und war während seiner gesamten Karriere ein Value-Investor. Berkshire Hathaway, das Konglomerat, das seine Investitionen hält, hat in den letzten 52 Jahren eine jährliche Rendite von 20 Prozent erzielt und damit den S&P 500 oft übertroffen.

Ein weiterer erfolgreicher öffentlicher Investor, Peter Lynch, verwaltete von 1977 bis 1990 den Magellan Fund von Fidelity. Dank seiner aktiven Anlageideologie erzielte der Fonds eine durchschnittliche jährliche Rendite von 29 Prozent und in den 13 Jahren übertraf Lynch den S&P 500 elfmal.

Ein weiterer legendärer Name in der Investmentwelt ist Jack Bogle von Vanguard, der Vater des Indexing. Er war der Meinung, dass Investmentmanager auf lange Sicht nicht besser abschneiden können als der breite Marktdurchschnitt und dass hohe Gebühren ein solches Ziel noch schwieriger machen. Diese Überzeugung veranlasste ihn 1976, den ersten passiv verwalteten Indexfonds für Vanguard zu entwickeln.

Die Markteffizienzhypothese (Efficient-market hypothesis) und andere Anlagestrategien

Der feste Glaube an die Markteffizienzhypothese stellt die von aktiven Anlegern verfolgten Strategien in Frage. Wenn die Märkte wirklich effizient sind, geben die Investmentgesellschaften unvernünftig viel Geld aus, indem sie die besten Fondsmanager reichlich entlohnen.

Das explosionsartige Wachstum des verwalteten Vermögens in Index- und ETF-Fonds deutet darauf hin, dass es viele Anleger gibt, die an eine Form dieser Theorie glauben.

Legionen von Daytradern verlassen sich jedoch auf die technische Analyse. Value-Manager nutzen die Fundamentalanalyse, um unterbewertete Wertpapiere zu identifizieren, und allein in den USA gibt es Hunderte von Value-Fonds.

Dies sind nur zwei Beispiele für Investoren, die glauben, dass es möglich ist, den Markt zu übertreffen. Bei so vielen professionellen Anlegern, die auf beiden Seiten der Markteffizienzhypothese (Efficient-market hypothesis) stehen, liegt es an den einzelnen Anlegern, die Beweise auf beiden Seiten abzuwägen und zu einer Schlussfolgerung über die Effizienz der Finanzmärkte zu gelangen, die am besten zu ihren Anlageüberzeugungen passt.

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