Neubewertung von Gold: Diese zwei Möglichkeiten gibt es

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Veröffentlicht: 04. Mai 2023, 12:42 Uhr

Sara Zinnecker
Redakteurin

überprüft von

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Der Goldpreis heute ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Doch das war nicht immer so.

Im Laufe der Geschichte, vor allem ab 1933, hat man Gold einige Male neu bewertet. Oft hat dieser Schritt es Staaten und Notenbanken ermöglicht, neue Schulden aufzunehmen.

Wie ist es zu verstehen, wenn man 90 Jahre später erneut über eine Neubewertung von Gold diskutiert? Und wie würde das funktionieren? All das erklären wir im Artikel und blicken auf mögliche Folgen. 

Zwei Konzepte zur Neubewertung von Gold

Der erste Ansatz, Gold neu zu bewerten, ist es, eine bestimmte Goldeinheit an einen fixen Fiat-Preis zu koppeln (Goldstandard). Fiat-Währung nennt man harte Währungen wie den US-Dollar oder den Euro. So etwas gab es bereits früher in der Geschichte. 

Daneben gibt es Ansatz Nummer zwei, den Goldbestand in den Bilanzen von Notenbanken neu zu bewerten. Notenbanken sind eine der größten Nachfrager nach Gold. Sie halten das Edelmetall unter anderem, um die eigene Fiat-Währung gegen Auf- oder Abwertung stützen zu können. 

Beide Ideen kommen mit gewissen Vor- und Nachteilen. 

Neuer Goldstandard

Nehmen wir an, der Goldpreis soll – wie zwischen 1933 und 1971 (s.u.) – wieder in einem festen Verhältnis zu einer harten Währung wie Euro oder US-Dollar stehen. Hierfür müssten sich die Notenbanken zusammenfinden und sich auf ein neues Austauschverhältnis einigen. Eine Neubewertung dieser Art hätte allerdings weitreichende Konsequenzen.

  • Ein neuer Goldstandard würde das Vertrauen in Fiat-Geld deutlich schwächen und das in Gold deutlich stärken.
  • Privatpersonen und Kleinanleger würden eine Abwertung des Geldes erfahren, also mit ihrem Vermögen Schaden nehmen. 
  • Ein neuer Goldstandard würde die Stärke einer Währung beeinflussen. Dies würde sich auf die Import- und Exportentwicklung eines Landes auswirken. 
  • Goldinvestoren würden wohl deutliche Gewinne erzielen, während andere Anlageklassen Abstriche beim Gewinn machen müssten oder sogar Verluste erleiden würden.

Es scheint unwahrscheinlich, dass sich die Notenbanken der westlichen Welt auf einen neuen Goldstandard einigen. Denn damit würden sie ihre eigene Fähigkeit beschneiden, die Geldmenge zu steuern und den Markt zu regulieren.  

Eine Neubewertung von Gold könnte zudem China und Indien Vorteile verschaffen. Beide kaufen seit Jahren große Mengen an Gold. Das ist zum Teil wirtschaftlich, zum Teil kulturell bedingt. Sollte es eine feste Bewertung von Gold geben, könnte wirtschaftliche Macht aus dem Westen in den Osten fließen. Die westliche Welt dürfte das kaum anstreben. 

Neubewertung von Gold in der Bilanz

Die zweite Art der Neubewertung, die Neubewertung von Gold in den Bilanzen der Notenbanken, ist schon wahrscheinlicher.

Die letzte Neubewertung von Gold in der Bilanz der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) gab es in den 1970er Jahren. 

  • Damals bilanzierte man den Großteil der Goldbestände zum (damaligen) Marktpreis von 42 US-Dollar pro Unze (31,1 Gramm). 
  • Heute besitzt die Notenbank ca. 8.100 Tonnen Gold zu einem aktuellen Preis von ca. 2.000 US-Dollar pro Unze. Das ergibt eine sog. stille Reserve von gut 500 Milliarden US-Dollar in Gold.

Solange die Fed diesen Gewinn nicht realisiert (das Gold also verkauft), dürfen auch keine Schulden und Verbindlichkeiten dem gegenübergestellt werden.

Anders als die Fed bewertet die Deutsche Bundesbank den Goldbestand seit 1999 nach den aktuellen Marktpreisen. In der Bilanz sind also keine stillen Reserven mehr zu finden. Jedoch darf auch die Deutsche Bundesbank keine unrealisierten Gewinne (neuen) Verbindlichkeiten gegenüberstellen.

In beiden Fällen haben die Notenbanken durch die nicht realisierten Gewinne technisches Kapital, das sie nicht einsetzen dürfen. 

Sollte es hier jedoch eine Gesetzesänderung oder Änderung der Richtlinien geben, könnten die Notenbanken das nicht realisierte Kapital nutzen, um neue Verbindlichkeiten aufzunehmen, also Zahlungsverpflichtungen oder Schulden.

Diese Entscheidung würde aber ein extremes Risiko mit sich bringen: Weil die Gewinne aus Gold eben nicht realisiert sind, sind Verbindlichkeiten schnell unterdeckt, wenn der Goldpreis am Markt unerwartet drastisch fällt. Im schlimmsten Fall steht die Zahlungsunfähigkeit der Notenbank.

Rückblick: Goldbewertung im Lauf der Geschichte

Gold erwies sich durch alle Epochen, Königreiche und Kulturen als ein konstanter, verlässlicher und universeller Wertspeicher. Nicht nur einmal diente es als Währung oder als Deckung für die größten Weltleitwährungen.

Die antike Welt und das Gold

Schon in der antiken Welt war Gold ein begehrtes Gut. Die alten Ägypter verarbeiteten Gold zu Schmuck und verwendeten es als Zahlungsmittel. Die griechischen Stadtstaaten und das Römische Reich nutzten Goldmünzen, um den Handel zu erleichtern.

Gold im Mittelalter

Während des Mittelalters besaßen Könige, Kirche und Adel große Mengen an Gold, um ihre Macht und ihr Ansehen zu demonstrieren. Immer mehr Menschen akzeptierten, über nationale Grenzen hinaus, Goldmünzen als Zahlungsmittel. Das trieb die Wirtschaft voran.

Gold in der Neuzeit

1873 hat sich der Goldstandard erstmals international etabliert: Eine Unze Gold (31,1 Gramm) war damals fix 20 US-Dollar wert. Der 20-Dollar-Schein war damals ein Zertifikat, welches man in eine Unze physisches Gold tauschen konnte. 

US-Präsident Franklin D. Roosevelt beschloss 1933 die erste Neubewertung von Gold („Gold Reserve Act“). Nach der „Großen Depression“ sah er sich dazu gezwungen, die Geldmenge auszuweiten und damit den Dollar zu entwerten. 

  • Roosevelt zwang die Bürger Amerikas, ihr Gold zu 20 US-Dollar je Unze an den Staat zu verkaufen. Lies dazu mehr im Artikel zum Goldverbot
  • Anschließend setzte der Präsident den neuen Goldstandard auf 35 US-Dollar je Unze fest.
  • Die Notenbank Federal Reserve musste nur noch 40 Prozent des Dollars mit Gold decken. 

So ebnete Roosevelt den Weg für die Notenbank, mehr Geld zu drucken.

Gold in der modernen Welt

Roosevelts Neubewertung von Gold hielt sich bis 1971, als US-Präsident Richard Nixon den Goldstandard endgültig aufhob. Er brauchte Geld,  um den Vietnamkrieg zu finanzieren. Damit lag die Bewertung von Gold nun beim freien Markt. Die Notenbank kann die Geldmenge seitdem nach anderen Kriterien steuern. Der Goldpreis bestimmt sich durch Angebot und Nachfrage.

Was Du aus dem Text mitnehmen kannst

Eine Neubewertung von Gold im Sinne eines neuen Goldstandards hätte weitreichende (negative) Folgen für Wirtschaft, Privatpersonen und würde die wirtschaftliche Macht wohl gen Osten verschieben. Es ist daher unwahrscheinlich, dass sich dieser Gedanke durchsetzt.

Die Neubewertung von Gold in Bilanzen, also die Möglichkeit, nicht realisierte Gewinne gegen Verbindlichkeiten zu rechnen, ist eine Hintertür mit viel Risiko. Notenbanken könnten neue Schulden und Verbindlichkeiten rechtfertigen, verlieren aber Glaubwürdigkeit, sobald der Goldpreis über die Maßen fällt. 

Unabhängig von der Neubewertung bleibt Gold ein wichtiges Anlageprodukt. Anleger schätzen unter anderem die Sicherheit in Krisen, die Gold vermittelt.

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