Widerrufsrecht: Die wichtigsten Fragen zur Rückgabe von Produkten

Redakteur

Veröffentlicht: 08. März 2021, 11:32 Uhr

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Wenn Dir der Fernseher, das Smartphone oder die Schuhe, die Du online gekauft hast, nicht gefallen, kannst Du die Sachen zurückgeben und bekommst Dein Geld zurück. Das gilt aber längst nicht für alle Waren. Und wie genau berechnen sich eigentlich die Fristen für den sogenannten Widerruf?

Das klären wir im Artikel. Denn wenn Du Deine Rechte kennst, kannst Du gegenüber dem Händler selbstbewusst auftreten und musst Dir nichts vormachen lassen.

Welche Kaufverträge kann ich widerrufen?

Das Widerrufsrecht gilt grob gesagt in drei Fällen: Beim Online-Shopping (Fernabsatz), bei Haustürgeschäften (Geschäft außerhalb der Geschäftsräume) und wenn Du eine Ware vor Ort kaufst und finanzierst.

1. Fernabsatzvertrag. Das Widerrufsrecht erlaubt, dass Du Waren zurückgeben kannst, die Du über ein „Fernkommunikationsmittel“ gekauft hast. Also etwa dann, wenn Du einen Vertrag über das Telefon, per E-Mail, SMS oder Internet abgeschlossen hast hast. Dieser „Fernabsatzvertrag“ ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt (§ 312c Abs. 2).

Außerdem muss der Vertrieb des Unternehmens auf den Fernabsatz ausgelegt sein. Wenn Du zum Beispiel beim kleinen Computerladen um die Ecke anrufst und einen PC bestellst, kannst Du ihn nicht ohne Weiteres zurückgeben. Denn der Vertragsschluss ist wahrscheinlich „nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt“ (§ 312c Abs. 1 BGB).  

2. Vertrag außerhalb der Geschäftsräume. Verkauft Dir ein Händler etwas auf der Straße, an der Haustür, in Deiner Wohnung, am Arbeitsplatz oder auf einer Kaffeefahrt, hast Du dasselbe Widerrufsrecht wie beim Fernabsatzvertrag. Denn es handelt sich um einen „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag“ (§ 312b BGB). 

Vorsicht: Das BGB kennt auch „bewegliche Gewerberäume“ – ein Stand auf einer Verkaufsmesse zum Beispiel. Dort geschlossene Kaufverträge lassen sich nicht so einfach widerrufen. So hatte ein Besucher auf der „Messe Rosenheim“ 2015 eine Einbauküche für rund 11.000 Euro gekauft. Noch am selben Tag wollte er den Kaufvertrag widerrufen, was der Händler ablehnte. Der Fall ging bis vor den Bundesgerichtshof. Der Käufer verlor und musste die Küche abnehmen.

3. Ratenkauf im Geschäft vor Ort. Hast Du etwas im Laden vor Ort auf Kredit oder per Ratenzahlung gekauft, steht Dir womöglich ein Widerrufsrecht zu. Das gilt auch für eine Null-Prozent-Finanzierung. Bedingungen: Der Kaufpreis beträgt mehr als 200 Euro und die Finanzierung läuft  länger als drei Monate. 

In den meisten Fällen bekommst Du eine solche Finanzierung nicht direkt vom Händler, sondern von einer dritten Partei, einer Bank oder einem Dienstleister. Du schließt dann zwei Verträge ab: Einen Kaufvertrag mit dem Laden und einen sogenannten Verbraucherdarlehensvertrag mit dem Dienstleister.

Der Kniff: Die Verträge gelten als „verbunden“. Du kannst die Finanzierung in der Regel innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen widerrufen – damit ist automatisch auch der Kauf hinfällig. Oder Du widerrufst umgekehrt den Kaufvertrag, und der Kreditvertrag ist dann ebenfalls aufgehoben (§ 358 Abs. 1 BGB).

Für Käufe im Geschäft vor Ort, die Du direkt bezahlst, hast Du hingegen kein Widerrufsrecht. Größere Einzelhandelsgeschäfte nehmen aber trotzdem häufig Waren innerhalb von zwei Wochen oder sogar länger zurück. Das geschieht aber auf Kulanz und nach den Spielregeln des Händlers. 

Welche Waren kann ich zurückgeben – und welche nicht?

Du kannst die meisten über die oben genannten Kanäle gekauften Waren zurückgeben, nicht jedoch folgende:

  • Artikel, die ein Anbieter speziell für Dich angefertigt hat (z.B. ein T-Shirt mit Deinem Wunschtext oder ein Computer, dessen Komponenten Du selbst ausgewählt hast).
  • Verderbliche Waren wie Lebensmittel oder Waren mit nahem Verfallsdatum.
  • Versiegelte Produkte, die aus Gesundheits- oder Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind. Du musst sie behalten, falls Du die Packung geöffnet und das Siegel entfernt hast. Hierzu zählen etwa Zahnbürsten oder Sexspielzeug, nicht jedoch Kleidung und Matratzen.
  • Produkte, die mit anderen Gütern untrennbar vermischt wurden, etwa Heizöl oder Sand.
  • Besondere alkoholische Getränke, die im Wert schwanken, beispielsweise ein edler Wein. Bedingung: Der Preis wurde bei Vertragsschluss vereinbart und der Händler kann frühestens 30 Tage danach liefern.
  • Musik, Videos und Software in versiegelter Verpackung. Auch hier musst Du sie behalten, wenn Du die Packung geöffnet und das Siegel entfernt hast.
  • Einzelne Zeitungen und Zeitschriften (Abos kannst Du jedoch widerrufen).

Das sind die fürs Online-Shopping wichtigsten Ausnahmen vom Widerrufsrecht. Weitere Ausnahmen, unter anderem für Finanzdienstleistungen, zählt der Gesetzgeber in § 312g BGB Abs. 2 Nr. 8 bis 13 auf. 

Musterschreiben: Wie muss ich den Widerruf erklären?

Es reicht nicht, den Artikel einfach zurückzuschicken. Du musst dem Händler auch Bescheid geben, zum Beispiel per E-Mail, und den Widerruf des Kaufvertrags erklären. Die Shops bieten dafür meist eine Muster-Widerrufserklärung an. 

Du kannst das Ganze auch formlos mit ein, zwei Sätzen erledigen. Zum Beispiel: 

Hiermit widerrufe ich fristgerecht den Vertrag mit der Bestellnummer 123 über den/die Artikel/Dienstleistung xyz. (Lassen Sie mir bitte einen Versandaufkleber für die Retoure zukommen, falls möglich.) Ich bitte um eine Bestätigung.

Du musst Deinen Widerruf nicht begründen (§ 355 Abs. 1 BGB). Du kannst es aber freiwillig tun, um dem Händler einen Hinweis zu geben, woran es lag.

Den Rückversand musst Du im Zweifel komplett selbst organisieren und bezahlen. Aber es schadet nicht, den Händler zu fragen, ob er nicht doch ein Retourenlabel kostenlos zur Verfügung stellt. Die Kosten für den Versand zu Dir muss Dir der Händler hingegen erstatten.

Wie viel Zeit habe ich für den Widerruf?

Du hast in der Regel 14 Tage Zeit, den Vertrag zu widerrufen. Der Händler muss Dich über Dein Widerrufsrecht informieren: Diese sogenannte Widerrufsbelehrung wird meist automatisch im Bestellprozess angezeigt oder per E-Mail verschickt. Falls es keine Widerrufsbelehrung gibt, dann hast Du ein Jahr und 14 Tage Zeit, den Vertrag zu widerrufen.

Wie berechnet sich die Frist genau?

Die Frist beginnt zu laufen, sobald Du die Ware erhalten hast. Bei vielen Dienstleistungen wie Strom, Gas, Telefon oder Internet gilt als Fristbeginn hingegen der Zeitpunkt des Vertragsschlusses – und nicht der Lieferbeginn.

Der Tag, an dem Du zum Beispiel das Paket angenommen oder den Stromvertrag geschlossen hast, zählt zu den 14 Tagen mit dazu – Wochenenden und Feiertage ebenfalls. Aber: Das Ende der Frist darf nicht auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fallen. In dem Fall endet die Frist am nächstmöglichen Tag, der kein Samstag, Sonntag oder Feiertag ist.

Die Verbraucherzentrale VZBV nennt ein Beispiel: Wenn Du ein Paket am 12. Dezember annimmst, wäre der 26. Dezember der letzte Tag, an dem Du den Widerruf erklären kannst. Da die Frist aber nicht am 26. Dezember enden kann (weil das ein Feiertag ist), verschiebt sich das Ende auf den drauffolgenden Werktag (keine Samstage/Sonntage), also zum Beispiel auf den 27. Dezember (sollte der 27. Dezember auf einen Samstag oder Sonntag fallen, dann endet die Frist am darauffolgenden Montag). An dem Tag musst Du den Widerruf spätestens abschicken.

Wie viel Zeit habe ich, die Ware zurückzuschicken?

Nachdem Du den Vertrag widerrufen hast, hast Du 14 Tage Zeit, die Ware zurückzuschicken. Es zählt der Tag, an dem Du das Paket abschickst – nicht, wann es beim Händler ankommt. Sobald der Händler das Paket erhalten hat, muss er Dir innerhalb von 14 Tagen den Kaufpreis und die Kosten für den Hinversand zurückzahlen (ausgenommen Zusatzkosten für Expressversand).

Du musst die Ware nicht unbedingt in der Original-Verpackung zurückschicken. Aber nett wäre es schon gegenüber dem Händler, der den Artikel ja wieder verkaufen will.

Darf der Händler etwas vom Kaufpreis abziehen?

In der Regel muss der Händler Dir den vollen Kaufpreis zurückzahlen, denn als Käufer hast Du ein Recht auf „Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren“ (§ 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB). Du darfst die Ware also auspacken und ausprobieren (außer bestimmte versiegelte Ware, siehe oben). Behandle das Produkt dabei möglichst behutsam.

Nur, wenn Du es mit dem Ausprobieren übertrieben und die Ware beschädigt hast, kann der Händler einen sogenannten Wertersatz verlangen. Das heißt aber nicht, dass er die Rückgabe ganz verweigern darf. Er muss das Produkt weiterhin zurücknehmen, kann dann aber einen Teil des Kaufpreises einbehalten.

Was Du aus dem Text mitnehmen kannst

Wenn Du Waren nicht direkt im Laden kaufst, kannst Du sie in vielen Fällen zurückgeben. Dieser Widerruf steht Dir zum Beispiel beim Online-Shopping zu oder auch, wenn Dir jemand ein Abo übers Telefon oder an der Haustür verkauft. Du musst den Widerruf innerhalb von 14 Tagen abschicken.

Einen Kniff gibt es bei Waren, die Du im Geschäft kaufst und über einen Kredit (oft eine Null-Prozent-Finanzierung) bezahlst. Dann kannst Du den Kredit widerrufen – das storniert automatisch auch den Kaufvertrag (verbundene Verträge).

Einige Waren sind von der Rückgabe ausgeschlossen, darunter bestimmte versiegelte Produkte, wenn du das Siegel entfernst, oder speziell für Dich angepasste Artikel.

In der Regel musst Du schriftlich (etwa per E-Mail) widerrufen, das kann aber ganz formlos in wenigen Sätzen passieren. Achte darauf, Deinen Widerruf rechtzeitig abzusenden, besser ein paar Tage zu früh als zu spät. Innerhalb von zwei Wochen, nachdem Deine Retoure beim Händler angekommen ist, muss er Dir in der Regel den gesamten Kaufpreis und die Kosten für den Hinversand zurückzahlen.

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