ETF-Replikationsmethode: Was steckt hinter physischen und synthetischen ETFs?

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Aktualisiert: 10. Juli 2023, 13:05 Uhr

Katrin Sonja Gröh
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Ein Exchange Traded Funds, kurz ETF, bildet einen Aktienindex nach. Das heißt, dass der Fonds die Wertentwicklung des Aktienindex nachempfindet. Du musst also beispielsweise nicht 40 einzelne Aktien kaufen, um an der Kursentwicklung des Dax beteiligt zu sein. Es genügt ein Anteil an einem Dax-ETF

Doch wie genau schafft es der ETF, die Wertentwicklung des Index nachzubilden – zu replizieren? Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten, die sogenannten Replikationsmethoden. Wir unterscheiden grundsätzlich die physische (echte) und die synthetische (künstliche) Replikation. Was dahinter steckt, erklären wir im Text.

Was ist der Unterschied zwischen physischen und synthetischen ETFs?

Ein physisch replizierender ETF nutzt das Geld der Anleger, um die Aktien des zugrunde liegenden Index nachzukaufen. Diese liegen also im Depot des ETF-Anbieters. 

Ein synthetischer ETF dagegen kauft die im Index vertretenen Aktien nicht nach, sondern lässt sich die Wertentwicklung des Index von einer Bank zusichern. 

Es handelt sich um ein Tauschgeschäft (englisch: Swap): Die Bank garantiert dem ETF-Anbieter, die Wertentwicklung des Index zu liefern. Der ETF-Anbieter hat oft eine Auswahl gängiger Aktien im Depot, deren Wertentwicklung er wiederum der Bank zusichert. Synthetische ETFs werden auch Swap-ETFs genannt. 

Synthetische ETFs waren bei Investoren zu Beginn der ETF-Ära in den 2000er Jahren recht beliebt. Unter anderem boten sie steuerliche Vorteile, die mittlerweile abgeschafft sind. Heute sind physisch replizierende ETFs bei Anlegern beliebter, wohl auch, weil sie intuitiver zu verstehen sind. 

Warum synthetische ETFs in manchen Fällen dennoch weiterhin infrage kommen, erklären wir weiter unten im Text.

So funktionieren physische ETFs

Man unterscheidet sogenannte voll replizierende ETFs – diese kaufen alle im Index vertretenen Aktien – und ETFs, die eine „optimierte Auswahl“ bei den Indexaktien treffen. Im Fachjargon heißt das auch „optimized sampling“. 

Was bedeutet „optimized sampling“?

Optimierte Auswahl bedeutet, dass der ETF-Anbieter hinreichend viele Indexaktien kauft, um die Wertentwicklung des Index möglichst genau zu treffen. Dass er aber die ein oder andere Aktie nicht oder nicht immer im Depot liegen hat. Das kann mehrere Gründe haben. Kostenabwägung
Manchmal verzichtet der ETF-Anbieter darauf, Aktien mit recht geringem Gewicht in einem Index zu kaufen. Denn dann spart er sich die sog. Transaktionskosten, also die Kosten, diese Aktien wieder zu verkaufen und zu ersetzen, wenn sich die Indexzusammensetzung ändert. 

Die Kostenquote (TER) des ETF ist damit geringer, was bei Anlegern gut ankommt, weil es von vornherein weniger Rendite auffrisst. Der ETF-Anbieter nimmt allerdings in Kauf, die Wertentwicklung des zugrunde liegenden Index nicht immer exakt zu treffen (sog. Tracking Error). 

Praktikabilität

Es kann vorkommen, dass es dem ETF-Anbieter nicht immer möglich ist, alle Indexaktien zu kaufen. Zum Beispiel, wenn diese nur selten gehandelt werden, etwa an exotischen Börsenplätzen. 

Beachte: Das Label „optimized sampling“ gibt dem ETF-Anbieter in erster Linie Spielraum, nicht zu jeder Zeit sämtliche Indexaktien besitzen zu müssen. In der Praxis haben ETFs mit optimierter Aktienauswahl dennoch alle Indexaktien im Depot. 

Welche Risiken gibt es bei physischen ETFs?

Die physische Replikationsmethode hält kaum Risiken für Anleger bereit. Die Indexaktien, die der ETF-Anbieter gekauft hat, sind bei einer großen Bank, der sog. Depotbank, verwahrt. Sollte der Anbieter insolvent werden, ist Dein Anteil an diesen Aktien (in Höhe Deiner ETF-Anteile) als sog. Sondervermögen nicht Teil der Insolvenzmasse, sondern gehört weiter Dir. Lies dazu mehr in unserem Artikel Wie sicher ist Dein Geld?

Daneben gibt es bei ETFs weitere Risiken, die aber nichts mit der Replikationsmethode zu tun haben, sondern allgemeiner Natur sind. 

  • Schwächelt zum Beispiel die Konjunktur, gehen Aktienkurse gern einmal nach unten, weil Investoren Aktien verkaufen. Erholt sich die Wirtschaft wieder, sehen wir den gegenteiligen Effekt. Lies mehr dazu im Artikel Wie sicher sind ETFs? 
  • Investierst Du in einen ETF mit nur wenigen Aktien, vielleicht aus einer Branche oder einem Land, ist das Verlustrisiko oft höher, als wenn Du breit streust. Lies mehr dazu im Artikel Diversifikation

Was ist der Tracking Error bei physischen ETFs?

Selbst wenn der ETF-Anbieter alle Indexaktien nachkauft, trifft er normalerweise nie ganz exakt die Wertentwicklung des zugrunde liegenden Aktienindex. Die prozentuale Abweichung der Wertentwicklung des ETF zum Index wird auch Tracking Error genannt.

Zu einem Tracking Error kommt es aus mehreren Gründen: Zunächst schlagen sich die Kosten für die Verwaltung des ETFs direkt in der Rendite nieder, verringern also die Wertentwicklung des ETF im Vergleich zum Index um weniger Zehntel Prozentpunkte. 

Der ETF kann dies aber wieder „reinholen“, indem er auf anderem Wege Rendite gut macht, etwa die Transaktionskosten für den Kauf- und Verkauf von Aktien minimiert, sich Steuern zurückholt oder kurzfristig einen geringen Teil der Indexaktien an Banken oder Investoren verleiht.

Manche Anleger schauen bei der Auswahl von ETFs auf den Tracking Error und vermeiden ETFs mit allzu großen Abweichungen. 

In der Praxis verzeichnen die am Markt etablierten ETFs aber stets hinreichend geringe Abweichungen von der Indexentwicklung. Ebenso wenig hat sich gezeigt, dass ein bestimmter ETF nach Tracking Error systematisch schlechter als ein anderer wäre. Der Tracking Error kann also höchstens einen kleinen Hinweis auf die Güte eines ETFs liefern.

So funktionieren synthetische ETFs

Bei synthetischen ETFs kauft der ETF-Anbieter Indexaktien nicht selbst ein, sondern lässt sich die Wertentwicklung des Index von einer Bank zusichern. Im Gegenzug verlangt die Bank, dass der ETF-Anbieter einen Aktienkorb meist gängiger Aktien auf dem Buch hält. Diesen Aktienkorb nennt man auch Trägerportfolio. 

Ein solches Tauschgeschäft (Swap) kann für beide Seiten Kosten- und steuerliche Vorteile haben. Ein ETF-Anbieter muss aber ggf. auf das Tauschgeschäft zurückgreifen, wenn er einen Aktienindex nachempfinden will, dessen Aktien schwer zu bekommen sind oder nicht regelmäßig gehandelt werden. Ein Beispiel sind ETFs auf sogenannte Frontiermärke, zu denen aufstrebende Länder in Afrika zählen. 

Welche Risiken bestehen bei synthetischen ETFs?

Im Zusammenhang mit synthetischen ETFs fällt oft der Begriff Kontrahentenrisiko: Was passiert, wenn die Bank, die die Wertentwicklung des Index garantiert, ausfällt? Anlegern bliebe dann nur der Wert des Trägerportfolios, welches aber beliebige Aktien enthalten kann, die vielleicht weniger Wert sind als das eigentliche ETF-Aktienpaket. 

In der Theorie mag diese Befürchtung richtig sein. Denn die Wertabweichung zwischen Trägerportfolio und ETF-Aktienkorb darf maximal 10 Prozent betragen. Praktisch gleichen ETF-Anbieter aber bereits geringste Wertabweichungen mit ausreichend Sicherheiten, meist Staatsanleihen, täglich aus. Oft sind die Tauschgeschäfte sogar „übersichert“.  

Was ist besser – physische oder synthetische ETFs?

Physische ETFs sind bei Anlegern beliebter, nicht zuletzt, weil sie intuitiver zu verstehen sind. ETF-Anbieter haben sich an den Kundenwunsch angepasst und in den vergangenen Jahren neue ETFs vor allem in der physisch-replizierenden Variante aufgelegt. Viele der synthetischen ETFs, die es heute gibt, stammen noch aus den 2000er Jahren. 

Mit Blick auf die Sicherheit, gibt es beim physischen ETF kein (theoretisches) Kontrahentenrisiko. Abgesehen davon unterliegen ETFs unabhängig von ihrer Replikationsart allgemeinen Marktrisiken. 

Mit Blick auf die Steuern waren synthetische ETFs einst besser. Sie boten die Möglichkeit, Steuerabgaben bis zum Verkauf hinauszuschieben. Diesen Vorteil haben sie heute aber nicht mehr. Die Investmentsteuerreform aus dem Jahr 2018 hatte das Ziel, Aktienfonds steuerlich gleich zu behandeln. Mehr dazu erfährst Du im Ratgeber ETFs und Steuern

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