Ein kleiner Moment der Unachtsamkeit und schon ist es passiert: ein Unfall. Die private Unfallversicherung (UV) verspricht Dir, Dich in einem solchen Moment finanziell abzusichern. Doch was steckt wirklich hinter dem Versprechen? Hier erfährst Du, was es mit der privaten Unfallversicherung auf sich hat und für wen sie sich wirklich lohnt.
Gesetzliche und private Unfallversicherung: die Unterschiede
In Deutschland gibt es die gesetzliche und die private Unfallversicherung. Wie sie sich unterscheiden und in welchen Fällen sie zahlen, findest Du in der nachfolgenden Tabelle.
Gesetzliche versus private Unfallversicherung
Das zählt in der privaten Unfallversicherung als Unfall
Unfallversicherungen haben eine strikte Vorgehensweise, wenn es um die Definition eines Unfalls geht. Diese drei Pfeiler müssen gelten:
Der Unfall geschieht plötzlich. Langsam „entstehende“ Unfälle – zum Beispiel durch psychische oder physische Dauerbelastungen sind nicht versichert.
Der Unfall wirkt auf den Körper von außen ein. Eine Fremdeinwirkung (beispielsweise durch einen Autounfall) ist vorausgesetzt.
Der Unfall ist nicht vorsätzlich herbeigeführt. Der Unfall geschieht unfreiwillig und nicht vorsätzlich.
Du bist als Versicherter in der Pflicht, der privaten Unfallversicherung zu beweisen, dass die Kriterien erfüllt sind. Das ist nicht immer gegeben – zum Beispiel bei einem Sportunfall.
Beachte: Die private UV greift zusätzlich zur gesetzlichen Unfallversicherung auch bei Arbeitsunfällen.
Diese Leistungen beinhaltet eine private Unfallversicherung
Eine private Unfallversicherung umfasst verschiedene Leistungen. Zum festen Kern dieser Leistungen, die normalerweise vereinbart werden, gehören:
Invaliditätsleistung. Die Invaliditätsleistung ist ein Geldbetrag, den Dir die Versicherung bezahlt, um Kosten, die in Folge eines Unfalls anfallen, stemmen zu können. Zum Beispiel:
- Ein neues Auto nach einem Autounfall
- Häusliche Anpassungen nach einer körperlichen Behinderung
- Kostenpflichtige Therapien
Wie hoch die Invaliditätsleistung ausfällt, ist zum einen von der im Vertrag festgelegten Summe abhängig, zum anderen aber auch vom sog. Invaliditätsgrad. Dabei handelt es sich um den Grad der Einschränkung, dem jemand nach einem Unfall ausgesetzt ist. Ein verlorener Arm wird beispielsweise höher gewichtet als ein verlorener Zeigefinger. Eine beispielhafte Liste, wie stark welches Körperteil gewichtet ist, findest Du weiter unten im FAQ.
Außerdem kommt es darauf an, wie lange ein Unfallopfer eingeschränkt ist. Die private Unfallversicherung zahlt die Invaliditätsleistung manchmal erst ab einem bestimmten Zeitraum, beispielsweise, wenn feststeht, dass die Person länger als drei Jahre vom Unfall beeinträchtigt ist.
Kosmetische Eingriffe. Wenn Dein äußerliches Erscheinungsbild durch einen Unfall stark beeinträchtigt wurde, sodass du nachträglich geschädigt bist, übernehmen viele private Unfallversicherungen kosmetische Eingriffe. Allerdings nur bis zu einer bestimmten Höhe – und nur dann, wenn es beispielsweise keinen Unfallverursacher gibt, der dafür haftet. Wie hoch die Summe ist, steht im Versicherungsschein.
Bergungskosten. Bist Du beispielsweise in einen Ski- oder Wanderunfall verwickelt und musst von der Bergwacht gerettet werden, kommt die private Unfallversicherung für die Such- und Bergungskosten auf.
Unfallrente. Eine Unfallrente bekommst Du dann, wenn Du durch einen Unfall besonders schwer geschädigt wurdest oder gar nicht mehr arbeiten kannst. In der Regel erhältst Du lebenslang und monatlich ab einem Invaliditätsgrad von 50 Prozent eine Unfallrente. Die Höhe kannst Du selbst vereinbaren – meist bewegt sie sich zwischen mindestens 500 Euro und 1.000 Euro pro Monat. Die Beiträge sind durch die Zusatzoption der Unfallrente allerdings häufig deutlich teurer.
Übergangsleistungen. Nach einem Unfall kann es eine Weile dauern, bis die private Unfallversicherung finanziell einspringt. Bist Du allerdings seit sechs Monaten durch den Unfall stark gesundheitlich beeinträchtigt, kann Dir die Versicherung einen bestimmten Betrag als Übergangsleistung zahlen.
Hinterbliebenenschutz. Bei einem Todesfall durch einen Unfall, zahlt die Unfallversicherung den Angehörigen einen bestimmten Betrag. Wie hoch dieser ausfällt, kann im Versicherungsvertrag festgelegt werden.
Dann zahlt eine private Unfallversicherung nicht
Eine Unfallversicherung kommt nicht für jeden Unfall auf. Ausnahmen sind:
- Psychische Erkrankungen
- Schäden durch (Lebensmittel)vergiftungen oder Infektionen
- Unfälle durch Alkoholkonsum
- Unfälle durch Drogenkonsum
- Unfälle, die durch das Begehen einer Straftat entstehen
- Unfälle bei (Bürger)krieg
Bei psychischen Erkrankungen handelt es sich teilweise um eine „Grauzone“. Sie werden oft nur dann anerkannt, wenn sie als direkte Folge aus einem Unfall hervorgehen.
Das kostet eine private Unfallversicherung
Wenn es um die Kosten geht, kommt es auch bei der privaten Unfallversicherung darauf an,
- welchen Beruf Du ausübst,
- welche Leistungen Du abdecken möchtest und
- wie hoch die Deckungssumme sein soll.
In den meisten Fällen ist eine private Unfallversicherung recht günstig. Um Dir einen groben Überblick zu verschaffen, haben wir drei verschiedene Personenprofile erstellt und auf Check24 in der Rubrik „Niedrigster Preis zuerst“ verglichen.
Person A
Person A ist 25 Jahre alt und übt eine Bürotätigkeit aus. Damit landet er bei der Versicherung in Gefahrengruppe A (Personen mit geringem Unfallrisiko). Im Falle einer Invalidität bekommt Person A einmalig bis zu 100.000 Euro ausgezahlt. Auf Krankenhaustagegeld und eine Unfallrente verzichtet er. Dafür erhalten seine Angehörigen im Todesfall einmalig 5.000 Euro.
Für Person A hat Cosmos Direkt das beste Angebot. Er müsste 3,73 Euro im Monat an die Versicherung zahlen.
Person B
Person B ist 33 Jahre alt und Altenpflegerin. Durch ihre körperliche Arbeit landet sie in Gefahrengruppe B (Personen mit einem erhöhten Unfallrisiko). Sollte sie Invalidität erleiden, bekommt sie von der Versicherung einmalig bis zu 50.000 Euro. Zusätzlich möchte sie 5 Euro Krankenhaustagegeld und bei Berufsunfähigkeit monatlich 800 Euro Unfallrente. Sollte sie bei einem Unfall sterben, erhalten ihre Angehörigen 5.000 Euro.
Für Person B hat Neodigital das beste Angebot. Sie müsste 5,18 Euro im Monat an die Versicherung zahlen.
Person C
Person C ist 42 Jahre alt und arbeitet als Mechaniker. Dadurch ist er einem höheren Unfallrisiko ausgesetzt und landet ebenfalls in Gefahrengruppe B. Bei Invalidität hat er bis zu 200.000 Euro als Einmalzahlung abgesichert. Außerdem bekommt er – falls er ins Krankenhaus muss – täglich 10 Euro Krankenhaustagegeld pro Tag und bei Berufsunfähigkeit eine lebenslange, monatliche Unfallrente von 400 Euro. Sollte er bei einem Unfall sterben, erhalten seine Angehörigen eine Einmalzahlung von 20.000 Euro.
Für Person C hat Pro Kundo das beste Angebot. Er müsste 18,15 im Monat an die Versicherung zahlen.
Das sind die Vorteile und Nachteile einer privaten Unfallversicherung
Wie viele Versicherungen hat auch die private Unfallversicherung (UV) ihre Vorteile und Nachteile. Nicht jede Person benötigt sie. Vor Vertragsabschluss solltest Du Dir also ausreichend Bedenkzeit geben, ehe Du eine private UV abschließt.
Vorteile der privaten Unfallversicherung:
- Sie übernimmt nach einem Unfall anfallende Kosten, darunter auch Such- und Bergungskosten
- Die Beiträge sind – je nach Leistung und Versicherung – günstig
- Auch bei geringer Invalidität bietet die Versicherung die entsprechende Leistung
- Bei schweren Einschränkungen bekommst Du nach einem Unfall eine lebenslange, monatliche Rente
- Bist Du sportlich sehr aktiv oder betreibst Extremsportarten, bist Du mit einer privaten Unfallversicherung abgesichert
Nachteile der privaten Unfallversicherung:
- Nur eine begrenzte Anzahl von Risiken ist abgedeckt (die meisten der Schwerbehinderungen – mehr als 90 Prozent – entstehen durch Krankheit und nicht durch einen Unfall)
- Die Leistungen der Unfallversicherung greifen in der Regel nur, wenn die Behinderung länger als drei Jahre andauert – oder keine Besserung zu erwarten ist
- Psychische Erkrankungen sind in den meisten Fällen ausgeschlossen. Ebenso Nahrungsmittelvergiftungen oder Infektionen
- Einmalzahlungen können möglicherweise zu gering ausfallen
- Manche Versicherungen schließen Unfälle wie einen Meniskusriss oder Bandscheibenvorfall aus
Schutz durch Berufsunfähigkeitsversicherung
Anstelle einer privaten Unfallversicherung kannst Du auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Sie greift bei psychischen Erkrankungen, durch die Du auf Zeit (mindestens sechs Monate) oder vollständig berufsunfähig wirst. Das sind die Unterschiede zur privaten Unfallversicherung:
Unterschiede zwischen private Unfallversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung
Laut Finanzexperte Volker Schmidkte von der Verbraucherzentrale Berlin gibt es klare Gründe, die für eine BU und gegen eine private Unfallversicherung sprechen:
„Verbraucher, die von ihrer Gesundheit und ihrem Alter her eine Berufsunfähigkeitsversicherung bekommen, sollten in den allermeisten Fällen statt einer Unfallversicherung lieber eine BU abschließen. Sie umfasst sehr viel mehr und deckt risikogerechter ab. Zwar decken sowohl die private Unfallversicherung als auch die Berufsunfähigkeitsversicherung das Risiko, nicht mehr arbeiten zu können, ab, allerdings kommt es sehr viel häufiger vor, dass man aufgrund einer Erkrankung berufsunfähig wird. Dieses Risiko deckt die Unfallversicherung nicht ab.“
Es gibt allerdings einen Haken: Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nur, wenn das psychische Leiden nach Versicherungsabschluss auftritt. Die meisten Versicherungen haben dafür eine Drei-Monats-Regel. Warst Du in den vergangenen fünf Jahren ambulant oder in den vergangenen zehn Jahren stationär in psychologischer Betreuung, schließt die BU psychische Erkrankungen häufig aus.
Mehr Informationen zur Berufsunfähigkeitsversicherung findest Du in unserem Artikel „Berufsunfähigkeitsversicherung: Wie Du eine gute BU findest“.
Für wen lohnt sich eine Unfallversicherung wirklich?
Eine private Unfallversicherung klingt zwar erst einmal sehr praktisch, ergibt jedoch nicht für alle Sinn. Über eine private Unfallversicherung solltest Du nachdenken, wenn
- Du Extremsportarten ausübst oder ausüben möchtest
- Du oft schwere körperliche Arbeiten ausübst
- Du einem hohen Unfallrisiko ausgesetzt bist
- Du keine gesetzliche Unfallversicherung hast (zum Beispiel als Rentner oder Selbstständiger)
Beachte: Bist Du bereits Hobby-Extremsportler, kann es sein, dass die private Unfallversicherung Deine Sportart gar nicht mehr in die Leistung aufnimmt. Sinnvoll ist daher, eine private UV vor Beginn einer gefährlichen Sportart abzuschließen. Gefährliche Sportarten können sein:
- Bergsteigen
- Mountainbike fahren
- Tauchen
- Ski oder Snowboard fahren
- Fallschirmspringen (oder ähnlicher Luftsport)
- Motorrad fahren
Unserer Meinung nach ist die private Unfallversicherung nur begrenzt sinnvoll, da sie strenge Rahmenbedingungen enthält. Außerdem gibt es nach Unfällen oft keine bleibenden Schäden, sodass die private Unfallversicherung gar nicht einspringt.
Für Personen, die einen Extremsport ausüben oder allgemein einem hohen Unfallrisiko ausgesetzt sind, kann sie aber durchaus als gute, zusätzliche Absicherung dienen. Außerdem für Selbstständige, Freiberufler oder Rentner, die keine gesetzliche Unfallversicherung haben.
Bist Du jedoch angestellt und einem geringen Unfallrisiko ausgesetzt, lohnt sich die private Unfallversicherung für Dich in den meisten Fällen nicht.
Das kannst Du aus dem Text mitnehmen
In Deutschland gibt es zwei verschiedene Unfallversicherungsarten: zum einen die verpflichtende gesetzliche Unfallversicherung, die allerdings beispielsweise nur am Arbeitsplatz oder in der Schule gilt, zum anderen die freiwillige private Unfallversicherung, die sowohl am Arbeitsplatz als auch in der Freizeit gilt.
Bei der privaten Unfallversicherung sind verschiedene Leistungen abgedeckt. Darunter zum Beispiel:
- die Invaliditätsleistung
- kosmetische Eingriffe
- Such- und Bergungskosten
- die Unfallrente
- Hinterbliebenenschutz
- Krankentagegeld und Krankenhaustagegeld
Wie hoch die Deckungssumme (Summe, die Dir bei einem Unfall gezahlt wird) ausfallen soll und wie viele Leistungen Du abgedeckt haben möchtest, kannst Du selbst festlegen. Je höher die Summe und je umfangreicher die Leistungen, umso teurer wird Dein Tarif. In der Regel ist die private Unfallversicherung allerdings verhältnismäßig günstig. Konkrete Beispiele findest Du weiter oben im Text.
Bei der privaten Unfallversicherung gibt es allerdings Grenzen und vieles ist nicht abgedeckt (zum Beispiel psychische Erkrankungen oder Schäden durch eine Lebensmittelvergiftung oder eine Infektion).
Eine Alternative stellt die Berufsunfähigkeitsversicherung dar, die alle Arten von Erkrankungen erfasst. Ein Unfall muss dafür nicht vorliegen. Allerdings gibt es andere Rahmenbedingungen und die Beiträge sind deutlich teurer.
Häufige Fragen zur Unfallversicherung
Was ist die Gliedertaxe?
Die Gliedertaxe legt fest, zu wie viel Prozent Du beim Verlust eines Gliedmaßes eingeschränkt wärst. Sie ist auch als Invaliditätsgrad bekannt. Je höher die Prozentzahlen ausfallen, umso mehr Geld erhältst Du im Schadensfall von Deiner Versicherung.
Die Höhe der Prozente wird vom Versicherer selbst festgelegt. Als Beispiel haben wir die Gliedertaxe der Allianz herangezogen.
Gliedertaxe der Allianz Unfallversicherung